pressespiegel
homemusikpinwandphotospresseinfopressespiegelbiographieverein

       

      Südthüringer Zeitung: 22.05.1996

      Aus einem Interview mit Rio Reiser, geführt nach seinem Konzert
      am 17. Mai 1996 in Bad Salzungen,
      erschienen am 22. Mai in der stz (Südthüringer Zeitung)

      R i o   R e i s e r :   F r a u e n   s i n d   d i e L ö s u n g

      Bad Salzungen

      Rio Reiser war am vergangenen Wochenende im Pressenwerk Bad Salzungen.
      Knapp 900 begeisterten Fans bot er wohl das Beste, was die Kurstadt
      in punkto Rockmusik je erlebt hat. Aber nicht nur sie waren euphorisch,
      auch die Musiker waren sich am Ende einig, daß Bad Salzungen der
      bisherige Höhepunkt ihrer Tour war.
      Beate Funk sprach nach dem Konzert mit Rio Reiser.

      stz:
      Ihre neue Scheibe heißt "Himmel und Hölle". Sie haben zwei
      Wohnsitze - einen Bauernhof in Nordfriesland und eine Wohnung
      in Berlin. Sind damit vielleicht Himmel und Hölle gemeint ?
      Liebt Rio Reiser die Extreme ?

      Reiser:
      Die Wohnung in Berlin habe ich aufgegeben. Das Leben in der
      Stadt macht mich zu hektisch, zu viele Eindrücke. Meinen
      Ausgleich habe ich ausreichend durch die Konzerte. Daß ich
      Extreme liebe, stimmt in jedem Fall.

      stz:
      Mit dem Ende der "Scherben"-Karriere und dem Beginn Ihrer
      Sololaufbahn hat sich zumindest textlich einiges verändert.
      Keine Anarcho-Songs mehr, eher eingängige Popmusik, die zwar
      schon noch Botschaften rüberbringt, aber doch eher auf die
      sanfte Tour.
      Von der Revolution im Konzertsaal, wie es in den Jahren 1979-85
      üblich war, ist kaum noch etwas übrig geblieben. Hat sich die
      Person Rio Reiser auch verändert ?

      Reiser:
      Verändern tut sich jeder. Trotzdem kreist man immer um die
      gleichen Themen. Die Parolen und Ziele sind die gleichen
      geblieben. Meine Sicht der Welt hat sich nicht verändert.
      Ich bin keinen Millimeter angepaßter als früher.

      stz:
      Ihre Medienpräsenz hat deutlich nachgelassen. Woran liegt das ?
      Hat das etwas mit Ihrer PDS-Mitgliedschaft zu tun ?

      Reiser:
      Möglicherweise mag das was mit der PDS zu tun haben. Aber
      da ich das nicht beweisen kann, laß ich es lieber. Ich kenne
      das, es gibt Möglichkeiten, jemanden rauszublenden. Es gibt
      Direktion von oben, dann fliegt 'raus, was nicht gespielt
      werden kann. Siehe "Ton Steine Scherben", da habe ich das
      alles schon mal mitgemacht. Aber mir sind die Medien
      schnuppe. Sie haben nicht mehr die Macht, die sie denken.
      Medienpräsenz ist für mich nicht wichtig.

      stz:
      Würden Sie bitte zu einigen Stichpunkten Ihren Gedanken freien
      Lauf lassen ?

      Reiser:
      Das Spiel mache ich mit.

      stz:
      Kindheit

      Reiser:
      Süddeutschland.

      stz:
      Beziehungen

      Reiser:
      Die Leute sind anders als früher. Immer interessant.

      stz:
      Aids

      Reiser:
      Ich bin der erste Ex-Aids-Kranke dieser Welt. 1992 mußte
      ich wegen eines Krankenhausaufenthaltes meine Tour absagen.
      Die BILD-Zeitung hat daraus geschlossen, ich sei aidskrank.
      Sie haben ausführlich über meinen Zustand berichtet. Die hatten
      mich schon abgeschrieben. (Anm. der Red.: Grund für Kranken-
      hausaufenthalt war eine Gallenblasenentzündung). Ich habe
      viele Freunde, die an Aids gestorben sind. Hätte nie gedacht,
      daß das so rasant geht. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

      stz:
      RAF

      Reiser:
      Akademiker-Verein. Konnte nie wirklich was damit anfangen.
      Theoretiker. Ideale hatten sie schon. Doch jeder sollte sich
      das WIE mehr überlegen als das WAS. Ich kann keine Leute
      umbringen und Geiseln nehmen, um Morde, Unrecht und
      Unterdrückung zu verhindern.

      stz:
      Pabst

      Reiser:
      Meine Mutter. Der Pabst ist doch ein Verbrecher. Wojtyla ist ein
      übler Zeitgenosse. Er hat böse Augen. Denkt wie ein Industrie-
      Kapitän. Ein wirklich unangenehmer Mensch. Der 30-Tage-Pabst
      hingegen war ein interessanter Fall. Der wollte was verändern.
      - Bis sie ihn dann umgebracht haben. Was unterscheidet den
      Petersplatz-Manager von der Stasi ? Sie haben Johannes Paul I.
      einfach beseitigt. Wojtyla paßt in den Kram. Er ist ein guter
      Manager für diese kriminelle Vereinigung. Ich lese jeden Morgen
      die Bibel, seit ich zwölf bin. Vielleicht sollte der Pabst hin
      und wieder auch mal in sein Buch reinschauen.

      stz:
      Frauen

      Reiser:
      (Langes Nachdenken - Dann:) Die Zukunft liegt bei den Frauen.
      Frauen könnte man vertrauen. Man muß die eigene Weiblichkeit in
      sich entdecken. Ich komme mit Frauen besser klar als mit Männern.
      Frauen müssen doppelt so gut sein wie Männer, was dazu führt,
      daß sie oft unangenehmer sind als Männer, aufdringlicher. Frauen
      könnten mehr erreichen als Männer. Frauen sind die Lösung.

       

audiovideozeitreiselinksbestellungimpressumkontakthome