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      Rio Reiser zur Entstehung von "Himmel und Hölle"

      N a   k l a r -
      D u m m e   F r a g e (r)



      Im Frühjahr '94 rief mich Hans Noever an, erzählte mir, daß er gerade gedächte, einen Tatort für den BR zu drehen, ob ich nicht Lust hätte, eine der Hauptrollen zu übernehmen: einen ehemaligen Hausbesetzer, der elf Jahre unschuldig im Knast war und dessen Freunde Angst haben, er könnte sich, jetzt wo er frei ist, an ihnen rächen wollen. - Ach ja, und Filmmusik und Titelsong würden natürlich auch anfallen.
      Natürlich hatte ich Lust. Ich hatte schon ewig in keinem Film mehr gespielt, und das ist halt doch was anderes, als in einer Talkshow die neue Platte oder das erste Buch in die Kamera zu halten oder zu einem Playback die Lippen zu bewegen.

      Es wurde Sommer. Der Tatort war abgedreht, der Titelsong ward kaum geschrieben, da stand auf einmal die Frage im Raum (in welchem Raum die Frage stand und wie sie in diesen gekommen ist, erzähle ich in meinem nächsten autobiographischen Roman): "Wenn der Tatort-Song Single wird, gibt's dann dazu auch ein Album?"
      Die Antwort war kurz: "Na klar, dumme Frage."

      Ich stellte mich also in mein kleines Arbeitszimmer-Studio und begann, angefangene Texte und unveröffentlichte Songs zu sichten, Neues zu schaffen. Ich stehe bei der Arbeit, weil ich Tasten, Saiten, Regler, Knöpfe, Stimme und mich selbst bedienen muß.
      Stehenden Fußes eilte ich auch nach Chemnitz. Am dortigen Stadttheater hatten nämlich die Proben zu Armin Petras und Phillip Stölzls 'Boxer Musical' "Knock Out Deutschland" begonnen, und es galt noch das ein oder andere an meiner Musik zu verbessern.

      Dort erreichte mich auch ein Anruf meines Bruders Peter Möbius. Das Türkischen Zentrum Essen hatte ihn gefragt, ob er nicht Lust hätte, ein Musical für türkische, deutsche und Jugendliche anderer Nationalitäten zu schreiben. Er hatte zugesagt und fragte mich, ob ich bereit sei, die achtundzwanzig Songs für die 100 Mitwirkenden zu schreiben. So begann in Essen die Proben zu "Die Braut Der Brüder", während ich in Fresenhagen stand und mich in die Arbeit vertiefte. Gottseidank sind Mischpult und Bett nur wenige Meter voneinander entfernt. Kein Wunder, daß mich in dieser Zeit mein Freund verlassen hat, wie man vielleicht beim Hören von Straße schon vermuten kann. Irrlicht war von Anfang an der Grundstein für mein eigenes Werk gewesen, so wie Himmel und Erde klar das Finale sein sollte, denn ein Happy-End sollte es schon geben. Streik entstand aus der Idee, einmal ein fröhliches Kampflied auch für den Hausgebrauch zu schreiben. Eislied, Gefahr und Schlacht drängten sich aus "Die Braut Der Brüder" an den Start. Hoffnung hatte ich für Leander Hausmanns Schillertheater-Inszenierung "Egmont & Don Carlos von Schiller & Goethe" geschrieben, und Erdbeben und Der Junge Am Fluß warteten schon seit Jahren auf ihre Veröffentlichung.

      Als ich das Mosaik fertig hatte, stellte ich plötzlich fest, daß ich völlig vergessen hatte, ein Studio zu buchen. Ich rief also Udo Arndt an, mit dem ich ja fast alle meine Scheiben geschaffen habe. "Bis Weihnachten ist hier leider ausgebucht, nur die letzte Novemberwoche haben Curt Cress, Ken Taylor, Peter Weihe, Reinhold Heil und ich gebucht. Wir wollen mal was nur für uns machen. Just for Fun. Ich kann die anderen allerdings mal fragen, ob sie bereit wären, das für dich wieder mal zu verschieben."

      Und so saß und stand dann im Spätherbst wieder die alte Besetzung von "Rio I." und "Blinder Passagier" zusammen, ließen die Trommel donnern, Bässe dröhnen, Keyboards perlen, Gitarren wimmern und Fader fliegen. Dazu erhob ich meine Stimme.

      Am 24. Dezember bezogen Udo Arndt und ich, bis an die Zähne bewaffnet mit Keksen, Nougat, Marzipan, Espresso und Lebkuchen, das Audio-Studio und verließen es erst am Tag meines Geburtstags wieder, als der letzte Song gemischt war.

      Was daraus geworden ist, heißt "Himmel Und Hölle", und dieses Werk, lieber Leser, solltest Du Dir jetzt mal anhören
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